Gedankenmatsch #1: Über’s Loslassen und warum es so schwer ist

Dienstagabend, 21.44 Uhr. Ich bin gerade vom Yoga zurückgekommen, habe mich schnell geduscht und liege jetzt in meinem Bett. Normalerweise meide ich um diese Uhrzeit schon Bildschirme (außer ich gucke einen Film oder eine Serie) aber manchmal habe ich einfach das Bedürfnis, Dinge aufzuschreiben und zu teilen. Heute ist einer dieser Tage. Es geht ums Loslassen.

Loslassen

Hinter all den Bildern von Essen auf meinem Instagram stecke schließlich immer noch ich – ein Mensch genauso wie du. Ich mache mir viele Gedanken – eigentlich über fast alles. Das war schon immer so. Wahrscheinlich mache ich mir sogar zu viele Gedanken, manchmal treibt es mich in den Wahnsinn. Worum es hier aber heute gehen soll, ist das Thema „Loslassen“. Nicht unbedingt im Sinne von „Menschen loslassen“, sondern seine eigenen Regeln und Routinen loslassen. Vorstellungen davon loslassen, wie man zu sein hat, wie bestimmte Dinge laufen sollen oder wie man sich zu verhalten hat.

Wenn Routinen zur Pflicht werden…

Das hört sich vielleicht erstmal seltsam an, aber mir wird immer mehr bewusst, wie schwierig das Loslassen sein kann. In unserem hektischen Alltag bleibt oft wenig Zeit für uns, selbst wenn wir uns sie aktiv nehmen. Kleine Rituale wie eine Morgenroutine, Yoga, die Tasse Kaffee oder die Runde Joggen gehen an der frischen Luft können uns das Ganze erleichtern und auch manchmal einen kleinen Moment der inneren Ruhe geben. Super schnell – und das passiert meistens schneller als man bemerkt – können diese kleinen Rituale aber auch zu einer Art „Pflicht“ werden.

Ein Beispiel dazu: nehmen wir mal an, du verfolgst jeden Morgen eine gewisse Morgenroutine. Sie tut dir gut und du fühlst dich danach einfach besser auf den Tag vorbereitet. Jetzt hast du ein paar stressige und lange Tage und kommst einfach nicht aus dem Bett, sodass du deine normale Routine nicht verfolgen kannst.

Startest du damit automatisch schlechter in den Tag? Nein. Wird es dir so vorkommen? Ja. Auf einmal läuft nichts mehr wie geplant, der Tag ist im Eimer, bevor er überhaupt richtig angefangen hat.

Loslassen

Ich weiß nicht, ob du dich damit irgendwie identifizieren kannst, aber mir geht das oft so. Ich gewöhne mich an einen bestimmten Ablauf, an eine bestimmte Routine, die ich verfolge und für gut halte und wenn ich diese dann plötzlich nicht wie gewohnt ausführen kann oder einfach mal keine Lust habe, dann fühlt es sich plötzlich an, als hätte ich „versagt“ oder als könnte der Tag gar nicht mehr so gut werden. Das ist natürlich Unsinn und absolut nicht der Fall, aber genau das meine ich mit Loslassen.

Im Leben läuft nicht immer alles nach Plan, manchmal fühlt man sich nicht nach bestimmten Routinen oder Ritualen, manchmal hat man vielleicht einfach keine Motivation. Und das ist vollkommen okay. Indem man sich darüber ärgert, sich dafür „fertigmacht“ und frustriert, erreicht man nichts – außer negative Gefühle. Wir alle sind Menschen, wir haben unsere schlechten Tage und das Leben ist nicht immer ein Ponyhof. Eine der größten Aufgaben im Leben ist es deshalb meiner Meinung nach, das Jetzt immer so zu akzeptieren wie es ist, ohne Wertung, ohne negative Gedanken und stattdessen das Beste daraus zu machen – loszulassen.

Warum kann Loslassen so schwer sein?

Tja, das hört sich jetzt erst einmal relativ einfach an. Mir persönlich fällt das aber oft auch sehr schwer. Denn ich zähle mich selbst zu den „produktiven“ Menschen bzw. denen, die gerne und am liebsten ständig produktiv sind. To-Do-Listen abhaken, den Tagesablauf optimieren, hier noch etwas verbessern, da noch eine Routine implementieren. Ich kann mich schnell für Dinge begeistern und möchte immer alles selbst testen. Das kann auch mal ganz schön viel werden. Mit diesem Bedürfnis, meinen eigenen Ansprüchen zu entsprechen, kommen natürlich schnell negative Gedanken auf, wenn diese Ansprüche mal nicht erfüllt werden können. Kein Wunder, dass dann das Loslassen auch schwer sein kann.

Dennoch halte ich es für unglaublich wichtig, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, warum man bestimmte Dinge tut. Warum gehst du 6x die Woche ins Fitness-Studio? Warum stehst du jeden Morgen um 6 Uhr auf? Warum hast du bestimmte Ideale? Warum denkst du, dass du etwas tun musst? Warum planst du, in einem bestimmten Beruf zu arbeiten? Die Antworten auf diese Fragen zu finden, kann häufig helfen, auch mal Loszulassen – denn dann realisiert man, dass man Dinge häufig nur macht, weil man ihnen eine bestimmte Bedeutung oder Wichtigkeit zukommen lässt. Setzt man diese Wichtigkeit in Relation, kann die Welt schon gleich ganz anders aussehen.

Dazu nochmal ein Beispiel: angenommen, ich habe eine Klausur in zwei Wochen und mir vorgenommen, pro Tag eine Stunde am Stück produktiv abzuarbeiten. Ich bin aber ständig abgelenkt und habe jetzt 30 Minuten verschwendet, weil ich irgendwie an meinem Handy hängengeblieben bin. Es gibt jetzt also zwei Optionen

  1. Ich kann mich entweder darüber aufregen und mich über mich selbst ärgern. Das bringt rein gar nichts.
  2. Oder Option 2, ich nehme es an wie es ist, lasse los und versuche es aufs Neue.

Wenn man das Ganze jetzt einmal in Relation setzt, dann sind 30 Minuten von zwei Wochen Zeit auch gar nicht mal so viel. Option 2 ist also definitiv die bessere Variante.

Deine Gedanken

Bevor das hier ins Endlose abschweift, möchte ich die Nummer 1 von meinem Gedankenmatsch hier beenden. Vielleicht hast du ja ein paar Gedanken dazu, eigene Erfahrungen oder etwas, das du zu diesem Thema teilen möchtest. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn du einfach einen Kommentar dalässt 🙂

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Judith
5 Jahre zuvor

Hallo Tanith! Ich kann mich total mit Deinen Erfahrungen identifizieren. Ich habe viele Routinen, die den Tagesablauf einfach einfacher machen, darüber hinaus aber auch immer Vorstellungen, wie bestimmte Sachen ablaufen sollen, ich habe eine Zeitplanung, To-Do-Listen, was ich an welchen Tagen abarbeiten möchte, wann ich zum Sport gehe etc. Und ich bin immer am optimieren von Abläufen. Es gab eine Zeit, da haben mich schon kleine Abweichungen aus dem Gleichgewicht gebracht, zum Beispiel eine S-Bahn verpasst, oder länger geschlafen als geplant. Inzwischen versuche ich, die Dinge mehr so zu nehmen, wie sie kommen und nicht so viel an Plänen und… Weiterlesen »

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