Hinter den Kulissen eines Unverpackt Ladens

Dieser Beitrag enthält Werbung für DER SACHE WEGEN

Woher weiß man denn, dass ein Unverpackt Laden nicht einfach alles in Plastik kauft und in schönen Behälter im Laden umfüllt? Wie nachhaltig läuft das wirklich hinter den Kulissen ab? Diese Fragen haben mich nach meinem Beitrag über das Experiment mit meinem Freund „4 Wochen Bio& Unverpackt“ erreicht. Ich hab mich also auf die Suche nach Antworten gemacht und mich dazu mit der Inhaberin von „DER SACHE WEGEN“, einem Unverpackt Laden im Prenzlauer Berg, unterhalten. Das spannende Interview findest du hier.

Ein Blick hinter die Kulissen

Zu Besuch für mein Interview war ich bei DER SACHE WEGEN. Gelegen im schönen Berliner Prenzlauer Berg, ist der Unverpackt Laden für mich eine tolle Anlaufstelle um meine Vorräte aufzustocken und dabei nachhaltiger zu konsumieren. Für mich ist es ein Ort des bewussten Einkaufens, ein Ort an dem ich mir Zeit für das nehmen, was mir wichtig ist. Irgendwie eine ganz besondere Erfahrung. Umso schöner ist es für mich, dass ich damit nebenbei auch noch das Problem des Verpackungsmülls minimieren kann.

Natürlich hat nicht jede/r einen Unverpackt Laden um die Ecke. Trotzdem ist es ein spannendes Konzept, das viel mehr Aufmerksamkeit verdient und sich hoffentlich noch weiter ausbreitet. Außerdem bin ich neugierig: wie werden Zulieferer ausgewählt? Wie kommen die Produkte dann in den Laden? Auf diese und viele weitere Fragen konnte mir Christiane, die Inhaberin von DER SACHE WEGEN, eine Antwort geben.

Unverpackt einkaufen in Berlin
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DER SACHE WEGEN
Ein Paradies für Foodies

Das Interview mit Inhaberin Christiane Sieg

  • Stell dich doch einmal kurz vor Christiane.

Mein Name ist Christiane, ich bin 30 Jahre alt, bin Mama und habe seit 2 1/2 Jahren den Unverpackt Laden „DER SACHE WEGEN“ – damit habe ich mir einen Lebenstraum erfüllt.

  • Wir starten mit den Basics. Wie läuft ein Einkauf im Unverpackt Laden ab?

Man bringt seine eigenen Behälter von zuhause mit (z.B. Baumwollbeutel, Einmach- und Vorratsgläser, etc.) und wiegt diese zunächst leer hier im Laden. Das ermöglicht uns, das Gewicht des Behälters an der Kasse abzuziehen und nicht zu berechnen. Danach kann man sich die Behälter einfach mit den gewünschten Produkten befüllen. Manche Produkte befinden sich in Gläsern mit Deckel, andere kann man abzapfen (fast wie Bier) oder lose kaufen. An der Kasse wird alles gewogen und das wars auch schon.

  • Wie bekommt ein Unverpackt Laden seine Ware? Wie umweltschonend sieht das bei Lieferung wirklich aus? In welcher Art Behälter/ Verpackung wird die Ware geliefert und gelagert?

Etwa 70% der Produkte bekommen wir in Papiersäcken, meistens in 25kg Säcken. Der restliche Teil wird in Pfandbehältern angeliefert – dahinter stecken unterschiedliche Pfandsysteme der verschiedenen Händler. Einige wenige Dinge werden noch in Plastiksäcken angeliefert, was schlichtweg an den Eigenschaften der Produkte liegt. Davon betroffen sind zum Beispiel ein paar Müslis und vor allem Nüsse, die die langen Transportwege (teilweise vier Monate) von Übersee aufgrund der Bedingungen (Feuchtigkeit, Hitze, etc.) anders nicht überstehen würden.

Bei der Anlieferung bestellen wir möglichst große Gebinde und bekommen dann Paletten auf denen die Säcke gestapelt sind. Teilweise sind diese leider mit Plastik umwickelt (für die Transportsicherheit), inzwischen gibt es aber schon zwei bis drei Händler, die viel mit Unverpackt Läden zusammenarbeiten und versuchen Lösungen zu finden. Im letzten Jahr ist eine neue Methode aufgekommen, bei der die Säcke in einen riesigen Pappkarton gepackt werden. Dieser steht auf der Palette und wird befüllt. Wir achten auf jeden Fall in allen Bereichen so gut es geht darauf, Plastik zu minimieren und ganz wegzulassen. Man ist da aber natürlich auch auf die Händler angewiesen.

  • Nach welchen Kriterien wählt ihr Zulieferer aus?

Inzwischen haben wir unsere festen Stammhändler. Anfangs habe ich diese einzeln für bestimmte Produkte angefragt – ich hatte natürlich eine Vorstellung davon, welche Produkte es bei uns geben soll. Mittlerweile ist es so, dass die Händler sogar proaktiv auf uns zukommen. Meistens haben sie ein Pfandsystem entwickelt oder möchten Großgebinde verkaufen und fragen uns deshalb an. Wir kommen gar nicht mehr hinterher und müssen Händlern teilweise auch absagen, weil wir jetzt schon sehr viele verschiedene Pfandsysteme haben und das schnell zu unübersichtlich wird. Auch im Lager ist das eine Herausforderung. Gerade kleinere Unverpackt Läden stoßen da schnell (auch lagertechnisch) an ihre Grenzen.

Generell ist es natürlich schön, wenn Zulieferer unsere sieben Prinzipien (siehe unten) erfüllen. Manche Zulieferer arbeiten aber auch zwei-gleisig d.h. sie verkaufen Produkte auch weniger nachhaltig verpackt, können aber auch im Großgebinde verkaufen und liefern. Wenn es dann keine andere Option gibt und die Produkte unseren Qualitätsansprüchen entsprechen, wählen wir den Zulieferer trotzdem aus.

  • In welchen Bereichen ist es besonders schwierig, nachhaltige Zulieferer zu finden und warum? Wo ist es relativ „einfach“?

Einfach zu finden sind Lebensmittelhändler. Da gibt es mittlerweile Angebot en mas und selbst kleine Bauern springen mit auf den Zug und verkaufen zum Beispiel direkt ab Hof Sackwaren.

Schwierigkeiten hatte ich immer bei Reinigern und Waschmittel, sowie im Bereich Kosmetika. Mittlerweile gibt es viele, die zumindest mit der Plastikproblematik arbeiten und Großgebinde zum Abfüllen liefern oder verpackungsfrei; aber für uns und unser spezielles Konzept treten häufig Probleme im Zusammenhang mit Palmöl auf, das wir vermeiden. Wenn die Hersteller kein Palmöl verwenden, dann Kokosöl, was eigentlich nur eine Verlagerung des Problems ist. Am liebsten arbeite ich mit heimischen (EU) Ölen. Da sind die Hersteller aber noch sehr zurückhaltend. Ich denke, dass das vor allem daran liegt, dass die Produkte dann noch teurer werden. Öle aus Übersee und den ärmeren Ländern wie aus Afrika oder Südamerika sind einfach nach wie vor preislich unschlagbar auf dem Weltmarkt.

  • Welche Hygienevorschriften gelten für den Laden und die MitarbeiterInnen?

Hygiene ist das A und O und bedeutet konkret: jede Menge Putzen und Reinigen. Vor allem das Lager muss abgeschottet und hygienisch sein, damit die Lebensmittel sicher sind. Wir haben hier auch eine professionelle Schädlingsüberwachung.
Für die MitarbeiterInnen gelten die üblichen Hygienevorschriften wie Hände waschen, Haare zusammenbinden, keine Bändel oder Schmuck (der in die Ware hängen kann) und Mundschutz beim Abfüllen. Eimer und Abfüllbesteck werden nach einmaliger Verwendung gewaschen und Abfüllbehälter im Laden nach einer Charge ebenfalls gereinigt.

  • Wie funktioniert das mit der Hygiene, wenn Kunden ihre eigenen Behälter mitbringen?

Alle Produkte haben einen sogenannten Spuckschutz z.B. ein Glas mit Deckel oder Spender mit denen man abfüllt (quasi wie Bier abzapfen). So kann der Kunde also nicht mit den Lebensmitteln in Kontakt kommen und Verunreinigungen verursachen. Abfüllbesteck wird ebenfalls nach einmaliger Benutzung gewaschen. Natürlich werden auch Griffe, Bestecke, Trichter, etc. ebenfalls regelmäßig gereinigt.

  • Wie schafft ihr es, die Sachen frisch zu halten? Insbesondere bei Produkten mit kurzer Haltbarkeit wie z.B. Sojajoghurt?

Hier achten wir natürlich auf die richtige Lagerung und das Mindesthaltbarkeitsdatum und tauschen dementsprechend aus. Sojajoghurt hält bei uns aber gar nicht bis zum MHD, weil er meistens davor schon ausverkauft ist.

  • Wissen die MitarbeiterInnen über Inhaltsstoffe und Herkunft von Produkten Bescheid?

Die Produkte, die es bei uns im Laden gibt, habe ich im Laufe der Zeit ausgewählt (und mache es immer noch) und ich weiß deshalb natürlich sehr genau, woher was kommt. Die MitarbeiterInnen wissen teilweise diese Details nicht zu 100% (zum Beispiel Aushilfen, die nicht so oft im Laden sind), auf den Preisschildern stehen aber in der Regel alle Infos die man braucht (Inhaltsstoffe, Herkunft, Preis). Rückfragen per Mail/Facebook/Instagram beantworten wir natürlich auch immer gerne.

  • Wie sieht das mit Bio-Qualität aus? Heißt unverpackt automatisch auch bio?

Grundsätzlich muss man sagen, dass die Unverpackt Läden ein sehr nachhaltiges Genre bedienen – dementsprechend haben die meisten Unverpackt Läden auch Bio-Produkte. Bei uns kommt dazu, dass unser Konzept auf sieben Prinzipien beruht. Diese sind fester Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Bei uns sind fast alle Produkte 

  1. plastikfrei
  2. palmölfrei
  3. bio
  4. regional
  5. fair
  6. bewusst 
  7. tierleidfrei

oder entsprechen der derzeit ökologischsten Alternative. Wir stellen diese Ansprüche an die Produkte, damit wir den Kunden eine Vorauswahl an nachhaltigen Produkten bieten können.

  • Ist die Nachfrage hoch? Wie hat sie sich in den letzten Jahren entwickelt?

Als ich den Laden vor zweieinhalb Jahren aufgemacht habe, waren es gerade mal um die 20 Läden. Nach einem halben Jahr waren es schon an die 100. Mittlerweile gibt es deutschlandweit über 400 Läden die offen haben oder in Planung sind. Das Wachstum ist echt riesig. Hier in Berlin merkt man, dass viele neugierig sind und sich dafür interessieren.

Auch Intern hat sich hier viel getan. Als ich angefangen habe war der Standpunkt vieler Großhändler, dass die Nachfrage nicht groß genug ist und sie deshalb nichts bezüglich der Verpackung umstellen wollen. Mittlerweile ist das gar kein Problem mehr und die Händler kommen sogar von sich aus mit neuen Lösungen und Produkten. Wirklich toll.

Vor allem die Großhändler, die jetzt mit aufgesprungen sind, sind sehr probierfreudig. Zum Beispiel wollte einer der Händler versuchen, an einer Stelle in der Lieferkette das Plastik loszuwerden und hat dann eine Alternative aus Holzfaserfolie getestet. Das ging leider daneben, weil die Folie nicht reißfest war aber man merkt einfach, dass sich da etwas tut. Auch die Sache mit den Pfandsystemen ist im letzten Jahr stark ausgebaut worden und immer mehr Händler bieten diese Alternative an.

  • Ihr habt seit kurzem auch einen Lieferservice. Wie klappt das dort mit unverpackter Ware?

Wir liefern hier auch über ein Pfandsystem. Man kann alles, was wir auch hier im Laden haben (außer Obst, Gemüse und kühlpflichtige Produkte), über unsere Website bestellen und wir füllen das hier ab und liefern aus. Die Gefäße nehmen wir entweder bei der nächsten Lieferung wieder mit oder man gibt sie direkt bei uns im Laden zurück.

  • In den kleinen Städten gibt es oft keine Unverpackt Läden. Warum entsteht keine Kette?

Das grundsätzliche Problem liegt darin, dass es ein großes finanzielles Risiko ist einen Unverpackt Laden aufzubauen und natürlich auch viel Zeit erfordert. Man hat hohe Anfangsinvestitionen und die Einnahmen sind gering. Gerade im Einzelhandel verdient man wenig und man wird damit nicht reich. Besonders wenn man dann darüber nachdenkt, noch einen weiteren Laden aufzumachen, ist das oft nicht möglich. Da sind schlichtweg nicht genug Ressourcen vorhanden.

Es gibt mittlerweile aber immerhin den Unverpackt Verband, bei dem fast alle Unverpackt Läden aus Deutschland sich vernetzen und austauschen. Auf der Website vom Verband gibt es übrigens auch eine Karte, auf der die Standorte aller Unverpackt Läden verzeichnet sind.

  • Warum ist es so teuer?

Das ist wohl eine der häufigsten Fragen und man muss das von verschiedenen Standpunkten sehen. Grundsätzlich sind wir gar nicht so viel teurer, die Wahrnehmung ist aber oft eine andere weil auf unseren Produkten Kilopreise stehen. Diese Kilopreise schrecken oft ab, denn die Zahlen sind da natürlich höher als für 60g oder 125g im Bioladen. Wir sind nur die Standard-Packungsgrößen in den Supermärkten gewöhnt und haben damit auch kein Gefühl mehr für Kilopreise. Rechnet man die (Bio-)Marktpreise auf das Kilo hoch, gibt es gar nicht mehr so große Unterschiede und wir sind teilweise sogar günstiger.

Außerdem muss man bedenken, dass wir hochqualitative Lebensmittel verkaufen. Durch den Einkauf von großen Mengen sparen wir beim Großhändler natürlich etwas und versuchen diese Preisvorteile auch an euch weiterzugeben. Davon sieht man als Endkonsument leider immer wenig.

Unverpackt Müslistation

Unverpackt Einkauf bei DER SACHE WEGEN

Das Interview mit Christiane war für mich total spannend und wenn du jetzt Lust bekommen hast, guck dich doch gerne mal im Onlineshop um (sie versenden auch bundesweit) oder schau direkt im Laden im Prenzlauer Berg vorbei. Bei Fragen kannst du natürlich jederzeit einen Kommentar dalassen oder direkt an DER SACHE WEGEN schreiben.

Ich freue mich auf weitere spannende Beiträge zu diesem Themenbereich und hoffe, du konntest aus diesem Beitrag ein paar neue Infos mitnehmen. Bis zum nächsten Mal 🙂

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